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Biographie

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Die vielen Violin- & -Klavierkonzerte, die ich als Kind erleben durfte, legten vermutlich schon damals den Grundstein für meine Liebe zur Orchestermusik, denn diese Klänge ergriffen mich nachhaltig und brannten sich tief ein.

Vor, während und nach meinem Musikstudium in Latin-Percussion widmete ich mich immer wieder der Musik von Dimitri Shostakovitch, Pat Metheny, Joe Satriani, Allan Holdsworth, John Williams, Ralph Towner und John Patitucci; völlig unterschiedliche Musikstile, die aber trotzdem eines verband: der klassische Hintergrund. Jazzmusiker lassen sich schon immer von klassischer Musik inspirieren und auch umgekehrt, was moderne Orchester-Arrangements deutlich zeigen. Die Nachmittage oder Abende, an denen ich auch während meiner Zeit als aktive Musikerin Platten hörte, nutzte ich, um dazu zu üben und in verschiedene Klangwelten abzutauchen. Druckvoller Latin- und Fusion-Jazz, Filmkompositionen, klassische Klavierkonzerte, aber auch sehr intime, pure Jazz-Quartett-Besetzungen, waren meine ständigen Begleiter. Als großer Fan von Mambo-Orchestern, gründete ich 2003 eine Big Band und stellte mir vor, wie es wäre, wenn man die Instrumente aus Jazz, Latin und Klassik zusammenfügen und daraus einen eigenen, packenden Klang machen würde. „Sinfonischer Jazz – jazzige Sinfonien“, schoss es mir durch den Kopf. Im Inneren hörte ich mal das Orchester im Vordergrund, mal den Jazzsolisten nur mit Band und mal eine Art Soundcollage, die wie Filmmusik klang. Ich starrte auf den sich drehenden Plattenteller und sah vor meinem geistigen Auge, wie sich darauf eine Platte mit dieser Musik dreht.

Ich überlegte also, Orchestermusiker zur Big Band dazu zu holen, was wahrscheinlich möglich wäre, aber auch etwas wahnsinnig. Ich ging mal durch, wie viele Musiker es für meine Vision bräuchte und landete bei unglaublichen 60. Leider endete die Zeit mit meiner Big Band schneller, als ich etwas planen konnte, und zwar exakt am 11. Januar 2007. Eine invasive Untersuchung an der oberen Halswirbelsäule verlief leider völlig anders als gedacht und ließ mich danach lange nicht mehr richtig am Leben teilnehmen und vor allem lange nicht mehr spielen. Aber auch danach wurde ich nicht mehr richtig gesund und anstatt die Bandleaderin eines jazzigen Sinfonieorchesters zu werden, wurde ich chronischer Schmerzpatient. Dass dann im Spätjahr 2015 ausgerechnet ein medizinischer Notfall dafür sorgte, meine Vision zwei Jahre später doch noch umzusetzen, war geradezu paradox. Aber ich erlebte in diesem Schwebezustand meine damalige Big Band mit Orchester, was sich anhörte, als würden sie direkt vor mir stehen. Der Sound war ergreifend, modern, bewegend und jeder einzelne Ton war glasklar zu hören. Mit einer kleinen Sinfonie, deren Thema eine Bratsche spielte, löste sich die Musik langsam wieder auf und brachte mich aus diesem Zustand zurück. Dieses unbeschreibliche Erlebnis war wie eine Erinnerung an das, was ich mir immer vorstellte, aber von den permanenten Schmerzen, Operationen und dem Lupus verdrängt wurde.

Die Schmerzklinik, in der ich anschließend einige Wochen verbrachte, entließ mich als arbeitsunfähig und sollte mir zusammen mit dem Notfall klar machen, dass meine Belastungsgrenze inzwischen weit unter dem lag, wo ich sie mir wünschte. Das funktionierte auch, allerdings nur bis Anfang 2017.

Zuerst lernte ich Andreas Schulz, klassischer Pianist und Dirigent der Neuen Philharmonie Berlin kennen; kurz darauf fand ich Christoph König, Violinist, Arrangeur und Komponist. Ich wusste, dass die beiden kein Zufall waren und mich das, was ich vorhatte, meine gesundheitliche Belastungsgrenze weit überschreiten wird. Trotzdem war es für mich keine Frage, ob ich diese Herausforderung annehme, denn für mich war klar, dass das Erlebnis im Jahr 2015 eine Art Leitfaden darstellte. Wir drei erkannten schnell, dass wir uns gesucht und gefunden hatten und ich startete 2017 mit der Planung und Organisation einer kleinen Tour. Das Orchester stellte Andreas bereit und ich holte einige Musiker aus meiner damaligen Big Band zurück. Meine Kollegen nach so langer Zeit endlich wieder zu sehen und zu hören und nun meinen Wunsch von 2003 in Erfüllung gehen zu sehen, war unbeschreiblich. Ich taufte unser Vorhaben „Latin-Jazz Sinfónica“, das zum Test noch nicht als eigenständiges Orchester lief, sondern als Programm der Neuen Philharmonie Berlin. Mein Ziel war, Latin-Jazz Sinfónica nach der ersten Tour 2018 und dieser Testphase selbstständig zu machen und ein Programm auf die Beine zu stellen, das ausschließlich aus Kompositionen der Bandmusiker besteht und eine Mischung aus orchestralem Jazz mit Latin-Einflüssen und Filmmusik-Anteilen wird. Musik für ein Publikum, das sich neben druckvollen Grooves, jazzigen Soli, ungewöhnlichen Rhythmen auch immer wieder in eine „Wall of Sound“ entführen lassen will. Der Name würde nicht Programm sein, da es sonst auf „Crossover“ hinauslaufen würde, was ich auf keinen Fall wollte. Mein Respekt vor den vielen Komponisten, die bereits Musik für die drei Genres Latin, Jazz und Klassik schrieben, war dafür zu groß. Außerdem hatte ich genug eigene Musik in meinem Kopf, die ich auf Papier bringen konnte.

Nach der erfolgreichen ersten Tour 2018, wussten wir, dass diese Musik in der Lage war, generationsübergreifend Jazz-Fans zu inspirieren, Klassik-Begeisterten eine neue, andere Welt zu eröffnen und vor allem Filme in den Köpfen der Zuhörer entstehen zu lassen. Latin-Jazz Sinfónica wurde anschließend eigenständig und es folgte ein weiteres Highlight: Das ausverkaufte Konzert im Rahmen des 50-jährigen Jubliläums der Jazzwoche Burghausen mit Gastpianist Ramon Valle, Bassist Omar Calvo und Schlagzeuger Jamie Peet im Jahr 2019. Ich beschloss, für Latin-Jazz Sinfónica eine Doppel-Vinyl zu planen, um diese Musik für unser Publikum und auch für uns zu verewigen.

Juli 2022 war es dann endlich so weit. Vor der Tür der Bauer Studios Ludwigsburg standen das GermanPops Orchestra um Konzertmeister Uli Zimmer, der Pianist Kristjan Randalu,  Schlagzeuger Wim de Vries, Bassist German Klaiber, Gitarrist Heiko Gottberg, die beiden Percussionisten Maxim Zettel und Eduardo Mota, dazu die drei Saxophonisten Holger Rohn, Matthias Anton, Andreas Pompe; die drei Trompeter Jens Müller, Christian Ehringer und Heiko Hubmann; die Posaunisten Uli Röser, Marc Roos und der Bassposaunist Fabian Beck. Und natürlich Christoph, Andreas und ich. Bereits beim Einspielen der Titel wurde klar, dass diese Musiker gerade einen eigenen, neuen Sound erschufen. Das Ergebnis war ein berauschendes Kaleidoskop an musikalischen Farben und Formen.

Die Abende, an denen ich wieder Schallplatten aus der Papierhülle ziehe, fühlen sich genauso an wie damals. Nur, dass sich nun auch die Platte von Latin-Jazz Sinfónica darauf dreht und sicherlich nicht die letzte von uns sein wird.

Diese Musik Ihnen und euch, unserem Publikum, nun in der jetzigen und völlig neuen Besetzung zu präsentieren, ist eine sehr schöne Aussicht.

Julia H. M. Diederich, Produzentin & Orchesterleiterin
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